Ein historischer Tag?

Ja und Nein.

Annalena Baerbock ist nicht die erste Kandidatin für das höchste Regierungsamt im Staate. Da war die CDU schon vor 16 Jahren, während in der damaligen Splitterpartei der Grünen noch die Grabenkämpfe zwischen Fundis und Realos tobten. Und Angela Merkel, „Kohls Mädchen“, dem damals keiner auch nur irgendwas zugetraut hat, hat immerhin drei Wiederwahlen geschafft, die Gesellschaft ist also vorbereitet.

Aber doch historisch, weil es eben die Grünen sind, die erstmals überhaupt eine Kanzlerkandidatin küren und gerade als die letzte verbliebene Vernunftpartei in diesem Land erscheinen, während man der angeblich letzten Volkspartei dabei zusehen kann, wie zwei Alphamännchen sie gerade an den Abgrund führen. Vielleicht sind sie morgen schon einen Schritt weiter.

Nun also eine gerade 40jährige ohne jegliche Regierungserfahrung als Angebot für die ganze Breite der Gesellschaft. Nicht den schwurbeligen Philosophen, der immer ein wenig verschlafen erscheint und so wirkt, als ob er einen Souffleur benötigt, der ihn, wenn er sich in seinen weitschweifigen Ausführungen verheddert hat, an das eigentliche Thema erinnert.

Stattdessen eine quirlige Macherin, eine schnelldenkende Völkerrechtlerin, eine überschäumende Mischung aus Visionen, Ideen und einem gesunden Sinn für Realität.

Inwieweit das trägt, wird man sehen. Aber dagegen erscheinen einem die restlichen Kandidaten(-Anwärter) tatsächlich wie aus der Zeit gefallene, bröckelnde Denkmäler einer vergangenen Epoche, als es noch reichte, möglichst laut und breitbeinig oder launig und jovial aufzutreten, um die Sache für sich zu entscheiden. Von dem fast vergessenen Kanzlerkandidaten der Splitterpartei SPD mal ganz abgesehen, der aufpassen muss, dass er nicht zu einer Lachnummer verkommt, weil seine Kandidatur ähnlich vermessen erscheint wie die von Guido Westerwelle seinerzeit.

Nun also Annalena und die alten weißen Männer… könnte auch der Titel eines modernen Märchens sein. Auf jeden Fall erwartet uns ein spannender Wahlkampfsommer…